Dienstag, 3. Juni 2008

Neiufa, Vava'u (Tonga), 04 June 2008

hallo ihr lieben,
wie ihr seht, leben wir noch - und das ausgesprochen gut. seit unserem letzten eintrag ist einiges passiert - man kann behaupten, wir sind von der kompletten isolation ins pulsierende inselleben katapultiert worden. nachdem wir freitag nacht eine gigantische spinne (die groesste und behaarteste bisher ueberhaupt und das in der kleinsten unterkunft...) kombiniert mit einer fetten kakerlake in unserer bambushuette hatten, habe ich dann meinen ersten nervenzusammenbruch auf dieser reise gehabt und wir haben uns entschieden am sonntag dort die segel zu streichen und in die stadt zu ziehen. dies hat sich als das perfekte timing herausgestellt, denn seitdem ist das wetter auch rapide bergab gegangen und somit sind wir in unserer neuen unterkunft (von den unzaehligen moskitos abgesehen) wesentlich besser aufgehoben. so leben wir jetzt bei zag in einem richtigen haus (mehr oder weniger zumindest - es gibt betonwaende..) mitten im herzen von neiufa. dieser umzug hat unser leben hier (und wahrscheihnlich auch fuer alle zukunft) komplett veraendert. am sonntag abend wollten wir lediglich eine kleinigkeit essen gehen, haben dabei den harten aussteigerkern tongas kennen gelernt und sind mit allemann bis in die puppen versackt. wir wissen jetzt von jedem die lebensgeschichte und warum es ihn hierher vertrieben hat - hauptgruende sind, nach blutsuehne lechzende brueder (deswegen durften auch keine fotos geschossen werden...), heroinsucht und kalter entzug, mordende kindsvaeter, eltern, die eine eigene insel hier besitzen, totale lethargie, morphiumabhaengigkeit und alle lebenskrisen, die man sich sonst noch so vorstellen kann. gerade die junkies haben hier keine chance auf etwaige rueckfaelle, da tonga (zum allgemeinen leidwesen aller beteiligten) komplett drogenfrei ist. deswegen wird die einzige droge - der alkohol und die zigaretten - hier im vollsten maas ausgekostet. ein solch hemmungsloses saufgelage haben wir so noch nicht vorher gesehen (unvergessen jasons abgang, lollipops nicht enden wollende heiratsantraege, kirsties titten und amandas bekenntnis, dass sie mal friseuse war (der flumselstereotyp schlechthin)... geendet hat dieser abend auch nur deshalb, weil jedlicher alkohol verputzt war und auch definitiv keiner mehr aufzutreiben war..selbstverstaendlich sind am ende noch alle mit ihren knatterkarren auf ihre diversen inseln nach hause gefahren. kein wunder, dass die autos hier so aussehen, wie sie aussehen. uns ging es dann am naechsten tag auch entsprechend bescheiden, obwohl wir mindestens 40 bier weniger als der rest konsumiert haben. resultat dieses abends war, dass tina, die robuste werbesprecherin des ansaessigen einzigen radiosenders und besitzerin der lokalitaet es am naechsten morgen erstmalig in ihrer dreijaehrigen tongageschichte nicht auf die reihe gekriegt hat, bei der radiostation zu erscheinen... das schoene an dieser geschichte ist, dass wir jetzt bekannt sind wie zwei bunte hunde und der weg zum stadtzentrum (also da, wo der kiosk ist - 2 min. fussmarsch) eine gute halbe stunde dauert, da von ueberall unsere namen gebruellt werden und wir ueberall zum schnacken anhalten muessen. wir koennen ohne uebertreibung sagen, dass wir alle kennen - ob tonganer oder einwanderer oder auch die anderen 2 touristen auf der insel. problematisch ist hier, dass wir jeden abend auf irgendwelche selbst initierten feste eingeladen werden, was unsere neuseeland entgiftung komplett zunichte macht. aber die leute sind einfach schatzimaeuse und gerade die tonganer sind unfassbar in ihrer herzlichkeit und offenheit und haben darueber hinaus noch einen super genialen humor. wir fuehlen uns sauwohl und wissen bereits jetzt, dass tonga den unterschied auf unserer reise machen wird. auch wenn wir uns hier eher einen erholungs-, strand-, badeurlaub mit leckerem fisch und frischem obst versprochen hatten (dies ist alles so gar nicht der fall - wir ernaehren uns von junkfood, da es kaum frische zutaten gibt, das wetter nicht berauschend ist (gestern hatten wir einen krassen sturm), wir in neiufa nicht einmal mehr einen strand haben...) - wir lieben das tongaland!!!
was ist sonst noch so passiert?
da wir in unserer isolationshaft am strand perfekte schnorchelmoeglichkeiten direkt um die ecke hatten ist tim noch einmal um die kleine vorgelagerte insel mala mit dem kajak geschippert, dabei hat er allerdings schiffbruch erlitten und den krassen wind nicht mit einberechnet, so dass die rueckfahrt marathonaehnliche anstrengungen erforderte. er ist dann aber doch bei stroemenden regen wieder heil an land gekommen und spuert jetzt noch seine arme.
ach ja, getrampt sind wir auch noch. da hat uns dann eine tonganische kleinfamilie (nur 6 kinder und zwei hunde - die zwoelf schweine waren nicht mit an bord) in ihrem klappervan verfrachtet, wo wir mit den kindern auf alten autoreifen hockten und zur voelkerverstaendigung beigetragen haben. die familie war gerade auf ihrem samstaeglichen weg in den busch, um dort die lebensmittelvorraete (yam, suesskartoffeln, kokosnuesse, brotfrucht, etc.) zu sammeln, das macht man hier so, denn einen supermarkt gibt es ja sowieso nicht so richtig. die waren der hit und haben dann auch spontan einen riesenumweg fuer uns gemacht, um uns direkt vor die haustuer zu kutschieren. als wir dann am ende noch kleine geschenke fuer die kinderchen verteilt haben (die wir bereits in auckland organisiert hatten), sind alle ein wenig durchgedreht.
gestern sind wir dann tauchen gefahren (bzw. tim ist getaucht und ich bin geschnorchelt) und da gab es auch so einiges zu sehen. waehrend ich beim schnorcheln einen ausgewachsenen hai unter mir gesehen habe, musste tim sich lediglich mit kleinen babyhaien zufrieden geben. jedoch war die unterwasserwelt mit ihren hoehlen und vor allem mit ihrer wahnsinnssicht ein absoluter traum und tim befindet sich jetzt wieder im kompletten tauchrausch. morgen machen wir wohl mit zag eine bootstour, denn er besitzt nicht nur unsere unterkunft (mit definitiv der groessten glotze tongas), sondern wohl auch das schnellste boot von tonga....werden wir sehen....
einzige sorge, die wir momentan haben ist, wie wird unsere waesche trocken und wie unsere spanischvorbereitungen managen, bei dem sozialen freizeitstress, den wir hier haben???
ach, noch eine tonganische besonderheit ist uns aufgefallen. grabschmuck bedeutet hier, dass man leere bierflaschen auf einem sandhaufen ueber dem grab drapiert, was die folge hat, dass die friedhoefe hier wie riesige sandkaesten nach einem unkontrollierten saufgelage aussehen, was mit sicherheit auch nicht so ganz von der realitaet entfernt ist...
tonga ist soooooo weit weg vom schuss, dass die coladosen hier noch die abziehbaren wegwerfverschluesse aufweisen, die die unter 25jaehrigen unter uns wohl gar nicht mehr kennen...
alles, was es irgendwie schafft hierher zu gelangen, ist entweder kaputt oder seit jahren abgelaufen.
WIR LIEBEN TONGA und euch auch und falls irgendwie der eindruck entsteht, dass wir in gefahr sind, koennen wir dem nur entgegen setzen, dass die einzige gefahr darin besteht, hier haengen zu bleiben, was uns nicht passieren wird. also liebe eltern, keine panik!!!
ALOAH
tim und kathy

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